© Bild: lassedesignen / Fotolia

Das Ende der Glaubwürdigkeit

Es geht nichts über ein „Weiter so“

Die Zeiten deutscher Vorzeigekonzerne sind nicht gerade rosig. Dachten wir lange, dass der Diesel-Skandal seinen Zenit hinter sich hätte, wurden wir jäh eines Schlechteren belehrt. Während in Amerikas Weiten Zehntausende illegaler Diesel auf Halde lagen und die Verantwortlichen des Betrugs bezichtigt werden, glaubte man im Top-Management hierzulande lange Zeit, seine Hände in Unschuld waschen und Verantwortung von sich weisen zu können. Die wohl insgeheime Hoffnung dabei: mit einem bequemen „Weiter so“ und oberflächlichem Polieren würde man sich schon durchlavieren können. Doch bekanntlich kam es anders, und das nicht nur im VW-Konzern …

… sondern auch bei der Bahn. Dass die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit des einstigen Exportschlagers ICE auf einem Allzeit-Tief angekommen sind, ist so alarmierend, wie es abzusehen war. Die Vorwärtsverteidigung des Bahnchefs dazu? Flugs einen Brandbrief schreiben und hoffen, dass es mit einem Fünf-Punkte-Plattitüden-Plan schon irgendwie klappen wird. Und die Politik? Statt auf den Tisch zu hauen, hält sie willig die Stange. Statt neuer Maßnahmen brauche man eben einen langen Anlauf.

VW und die Bahn haben viel gemeinsam: das unbedingte Festhalten an Nicht-Bewährtem, den fehlenden Mut zu wirklicher Erneuerung, die trügerische Hoffnung darauf, dass es sich schon irgendwie regeln wird. Ein ernsthafter Turnaround, der immer wieder lautstark beschworen und in halbgare Visionen und Strategie-Papiere gegossen wird, sieht anders aus.

Glaubwürdigkeit ist bitter nötig

All das zusammen hat einen fatalen Effekt: den Verlust der Glaubwürdigkeit. Und zwar durch die Bank: in der Öffentlichkeit, bei Kunden, Aktionären und Mitarbeitern. Dabei wäre Glaubwürdigkeit gerade in der jetzigen Situation bitter nötig, denn sie ist die essenzielle Basis für den Aufbau von Vertrauen. Was also ist zu tun? Schaut man sich die notwendige Wirkung an, geht es um folgende Punkte:

  • Reden statt Schweigen: Das klare Ansprechen und Bekennen der wahren Ursachen, Versäumnisse und Verantwortung hinter der Misere ohne euphemistische Schönfärberei ist der erste Schritt. Das vermittelt Einsicht, ohne die wir einzelnen Menschen wie ganzen Unternehmen keine Veränderung zutrauen. Juristische Erwägungen mögen dagegenstehen, wobei sich die Frage stellt, ob Schweigen am Ende billiger ist.
  • Handeln statt Verharren: Nach dem Reden muss das Handeln kommen, und zwar in Übereinstimmung mit dem Gesagten. Das vermittelt die Autorität und den tatsächlichen Willen zur Veränderung – anders als das meist anzutreffende Zögern und Zaudern.
  • Erneuern statt Bewahren: Albert Einstein wird die Aussage zugeschrieben, dass Probleme niemals mit derselben Denkweise gelöst werden können, mit der sie entstanden sind. An personeller Erneuerung führt also kein Weg vorbei. Diese vermittelt, dass die Übernahme von Verantwortung eingefordert und Wegducken nicht zugelassen wird. Bauernopfer helfen dabei übrigens nicht.

Es gilt, den Verlust der Glaubwürdigkeit nicht zum eingefahrenen Dauerzustand werden zu lassen. Im Ringen um den Rückgewinn echter Transparenz und Wahrhaftigkeit, hat jeder Vorstands-Chef jederzeit die Wahl, sich hinter Floskeln zu verschanzen oder Missstände an ihrer Wurzel abzustellen und damit ernsthaft zu erneuern.